Dieser Artikel erschien zuerst in ProWald. Sehen Sie das Original hier. Autoren: Dr. Alwin Janßen und Dr. Muhidin Šeho.
Immer mehr Baumarten in unterschiedlichen Regionen Bayerns weisen Trockenschäden auf. Die Forstpraxis ruft zu Recht nach alternativen Baumarten, die zur Erweiterung der Baumartenpalette beitragen und das Risiko auf mehr Baumarten streuen können. Besonders auf den betroffenen Schadflächen muss bereits heute mit der Baumartenwahl eine Entscheidung getroffen werden, die langfristige Folgen hat. Aber nicht nur die Auswahl der Baumart, sondern die der passenden Herkunft ist dabei von entscheidender Bedeutung.
Die Herkunftsempfehlungen geben dazu Entscheidungshilfen, basieren aber bisher auf Ergebnissen aus den letzten fünf, noch nicht so trockenen und warmen Jahrzehnten. Daher müssen die Empfehlungen an die erwarteten Klimaänderungen angepasst werden.
Grundsätzlich können als Alternativen die Hauptbaumarten und ihre nicht heimischen Herkünfte, bisher wenig verwendete heimische Nebenbaumarten sowie nicht heimische Baumarten verwendet werden. Das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) empfehlt folgendes in der Abbildung 1 dargestellte Vorgehen (Šeho und Janssen 2019): Als Erstes ist unter den heimischen Hauptbaumarten auf Basis von Herkunftsversuchen nach klimaplastischen Alternativherkünften zu suchen. Diese werden auch langfristig das Rückgrat der bayerischen Forstwirtschaft bilden.
▶ Bisher wenig beachtete heimische Nebenbaumarten wie Hainbuche, Elsbeere, Flatterulme, Spitz- und Feldahorn als Alternativbaumarten sollen in Betracht gezogen werden. Bei diesen Baumarten sind kaum Erkenntnisse über die Herkunft vorhanden und müssen über Evaluierung der Vorkommen und über Herkunftsversuche dringend gewonnen werden. Dabei sollten standardmäßig auch genetische Untersuchungen erfolgen, um die Anpassungsfähigkeit der Ausgangspopulation sicherzustellen.
▶ Des Weiteren sollten gut untersuchte eingeführte Baumarten wie Douglasie, Roteiche oder Schwarzkiefer in Betracht gezogen werden, von denen die Möglichkeiten und Risiken durch zahlreiche langjährige Versuche bereits bekannt sind (Šeho 2014). Zu diesen Baumarten können bereits heute Anbauempfehlungen gegeben werden.
▶ Bei vielen möglichen alternativen Baumarten wie mediterranen Zedern-, Kiefern- und Tannenarten oder Baumhasel, Orientbuche und Silberlinde existieren in Deutschland nur wenige oder gar keine Herkunfts- oder Anbauversuche. In der Regel sind die erarbeiteten Erkenntnisse oft sehr einzelfallbezogen und können nicht direkt in die Praxis übertragen werden.
Erkenntnisgewinn und Übertragung in die Praxis
Die Grundlage für die Bewertung der Anbauwürdigkeit und Anbaueignung von möglichen Alternativbaumarten sollten Herkunftsversuche bilden. Da zurzeit sehr viele Baumarten als möglicher Ersatz diskutiert werden, sollten vorab erst einmal durch Sondierungsstudien die Baumarten ermittelt werden, die für einen Anbau tatsächlich infrage kommen. Nachdem die Baumarten mit hohem Potenzial identiziert und eingegrenzt wurden, sollten eine Bereisung und eine Beschreibung der Bestände im natürlichen Verbreitungsgebiet erfolgen. Um das zukünftige Anpassungspotenzial bewerten zu können, sollte eine Beschreibung sowohl der phänotypischen Eigenschaften als auch der genetischen Strukturen des Bestandes sowie der herrschenden Umweltbedingungen erfolgen. Dabei sollten mögliche Anpassungen im natürlichen Verbreitungsgebiet berücksichtigt werden.
Im »CorCed«-Projekt wird diese Vorgehensweise angewandt. Ziel des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projekts ist es, Herkünfte von Atlaszeder, Libanonzeder und Baumhasel in Bayern und Baden-Württemberg auf ihre Anbaueignung zu untersuchen und zu bewerten. Derzeit erfolgt der Aufbau von Herkunftsversuchen. Dabei werden die Versuchsflächen in beiden Bundesländern so verteilt, dass unterschiedliche Umweltbedingungen abgedeckt werden und die Aussagen auf möglichst viele Regionen übertragen werden können. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen später in Herkunftsempfehlungen verwendet werden. Um die Bewertung der Anbauwürdigkeit vornehmen zu können, werden folgende Merkmale berücksichtigt:
▶ Klima und Standorteignung,
▶ Trockenstresssensitivität und Frostemp ndlichkeit,
▶ genetische Ausstattung (Struktur, Vielfalt und Diversität),
▶ Wuchsleistung und Stammqualität (Holzverwendung), ▶ Anfälligkeit gegenüber Schadorganismen.
Allerdings kann es mehrere Jahrzehnte dauern, bis man über Herkunftsversuche zu gesicherten Anbauempfehlungen kommt. Zudem wird es oft vernachlässigt, dass viele nicht heimische Baumarten, die bisher keine wirtschaftliche Bedeutung hatten, dem Forstvermehrungsrecht unterliegen.
Die Anpassungsfähigkeit von Waldökosystemen ist maßgeblich von der genetischen Ausstattung (Struktur, Vielfalt und Diversität) der Ausgangspopulationen abhängig. Von einer ausschließlich natürlichen Verbreitung nach der nacheiszeitlichen Rückwanderung ist gerade bei den Hauptbaumarten nicht auszugehen. Innerhalb Deutschlands ist die Pflanzung nicht regionaler Herkünfte seit Jahrhunderten gang und gäbe, beispielsweise bei Fichten und Eichen. Augenfällig sind dabei sehr oft schneegebrochene Fichtenbestände in Nassschneelagen als falsche Herkunftswahl auszumachen. Auf der anderen Seite haben Herkunftsversuche gezeigt, dass nicht unbedingt die örtlich angepasste Population die beste sein muss. Flankierend könnten in Deutschland Saatguterntebestände und Samenplantagen aufgebaut werden, die allerdings erst in einigen Jahrzehnten Saatgut liefern können.
Stand der Forschung bei möglichen Alternativbaumarten
Um langfristige Engpässe bei der Nadelstammholzversorgung zu vermeiden, sollten mögliche Nadelbaumarten untersucht werden, die zur Stabilisierung von labilen Fichten- und Kieferbeständen beitragen können. Die untersuchten Baumarten sollten ökologisch und ökonomisch in unsere Wälder integrierbar sein. In den Anpassungsstrategien an den Klimawandel der einzelnen Bundesländer wird der Douglasie eine große Bedeutung zugesprochen, die sie allerdings nicht auf allen Standorten erfüllen kann. Daher sollten weitere Nadelbaumarten untersucht werden, die eine Klimatoleranz aufweisen. Diese sollen unter den mitteleuropäischen Bedingungen – auf nationaler und internationaler Ebene – getestet, und ihre Anbauwürdigkeit sollte bewertet werden.
Zusammenfassung
Bei den Alternativbaumarten (heimisch oder nicht heimisch) muss das Augenmerk auf die Herkunftswahl einer Baumart sowie die Qualität und nachhaltige Erzeugung des Saat- und P anzgutes gerichtet werden. Es sollte berücksichtigt werden, dass viele der diskutierten Alternativbaumarten dem FoVG unterliegen und die Erzeugung, die Ein- und Ausfuhr und das Inverkehrbringen nur unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen dürfen. Der Erkenntnisgewinn und die Übertragung in die Praxis stellen dabei eine zentrale Aufgabe dar. Praxisanbauversuche werden als Möglichkeit gesehen, schneller zu Empfehlungen zu kommen.
Literatur Janssen, A., Šeho, M., Schirmer, R., Tretter, S., Pratsch, S. 2019. Praxisanbauversuche: Bewertung alternativer Baumarten in Bayern. AFZ/DerWald 74, 5: 24-27. Šeho, M. 2014. Schwarzkiefer und Douglasie: Wachstum und phänotypische Eigenschaften verschiedener Provenienzen – ein Beitrag zum Potential fremdländischer Baumarten als Ersatzbaumarten im Klimawandel. Dissertation Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: 167 S. Šeho, M., Janssen, A. 2019. Neue Schwerpunkte und Herausforderungen im Klimawandel. AFZ/DerWald 74, 5: 20-23.
Mehr über die neue Baumarten im Bayerischen Wald finden Sie in diesem Video: