40 Jahre der ARGE Alpenländischer Forstvereine: Interview mit Andreas Wildauer

Q: Was ist die ARGE Alpenländischer Forstvereine?

AW: Die Arbeitsgemeinschaft Alpenländische Forstvereine wird heuer 40 Jahre alt. 1981 wurde die Arbeitsgemeinschaft gegründet, als ein Zusammenschluss der Forstvereine von Bayern, Südtirol und Nordtirol.

Q: Was sind Ihre Hauptaktivitäten?

AW: Von Anfang an hat das gemeinsame Bindeglied der Arbeitsgemeinschaft den Schutzwald betroffen. Wir alle leben ja in einem sehr aktiv bespielten Lebensraum, wo grenzüberschreitend Warenaustausch, Personenaustausch, Freizeitverhalten stattfindet. Alle Nachbarländer rund um die ARGE haben im Bergwald die gleichen Ausgangslagen und die gleichen Problemstellungen.

Q: Was war die ursprüngliche Motivation der ARGE?

AW: Die ARGE hat von Beginn an, aufgrund des Waldsterbens und der großen Belastungen der Emissionen, der Luftgüteprobleme usw, eine Zusammenarbeit über die Grenzen gesucht. Weil die Probleme gemeinsam leichter zu lösen sind, wie alleine. Und so wie Schadstoffe keine Grenzen kennen, kennen auch die Belastungen im Bergwald, sei es durch Tourismus, sei es durch Jagdprobleme, sei es durch den immer international werdenden Holzmarkt keine Grenzen. Und das ist die Grundidee der ARGE: dass wir hier auf fachlicher Ebene eine Zusammenarbeit, eine Kooperation gesucht haben.

Q: Mittlerweile ist der jährliche Schutzwaldpreis zu einem Schwerpunkt geworden. Worum geht es dabei?

AW: Mit der Einführung des Projektes Schutzwaldpreis Anfang der 2000er Jahre ist eine ganz neue Qualität in der Zusammenarbeit entstanden. Wir haben gemerkt, dass der Schutzwald keine Stimme hat. Der Schutzwald ist leise und still und wird von jedermann und jederfrau für seine Aktivitäten benutzt, sei es, ob das der Waldbesitz ist, ob das die Jagd ist, der Naturschutz, die Touristen und so weiter. Wir haben eben gesagt, eigentlich gibt es ganz viele Projekte, Initiativen, wo im Schutzwald außerordentliche Arbeit geleistet wird. Und das Ziel war, dass wir das öffentlich machen. Dass wir das Engagement für den Schutzwald breiter streuen, auch der Politik zeigen, da gibt es eine große Verantwortung, ein großes Aufgabenfeld. Aber auch der Öffentlichkeit zeigen, dass der Schutzwald uns alle angeht. Der Schutzwald ist unsere Zukunftsaktie für den Lebensraum in den Alpen. Und mit der Gründung des Schutzwaldpreises werden seit 2007 jedes Jahr die besten Initiativen, die besten Projekte für aktive Schutzwaldarbeit ausgezeichnet.

Q: Welche Arten von Projekten werden durch den Schutzwaldpreis anerkannt?

AW: Da gibt es mehrere Kategorien: Die klassischen „Erfolgsprojekte“, wo man seit Jahren sehr erfolgreich den Schutzwald verjüngt, sowie fit und sicher gestaltet. Es gibt die Kategorie wo Zusammenarbeit honoriert wird, in Bezug auf Innovationen und Partnerschaften. Aber ganz ein besonderer Schwerpunkt legen wir auf die Kategorie „Schulprojekte“.

Die Schulprojekte sind jene Projekte, wo junge Menschen, die heranwachsende Generation eingebunden wird in die Schutzwaldarbeit. Wo Begeisterung geweckt wird, wo Kenntnis über den Schutzwald erlangt wird, aber auch versucht wird, ein Bindeglied zwischen der jungen Generation und dem meist sehr stillen Schutzwald herzustellen.

2012 haben wir eine neue Partnerschaft begonnen mit der Helvetia AG, die seit der Preisverleihung 2014 nun uns als Partner begleiten und seitdem heißt dieses Projekt Schutzwaldpreis Helvetia.

Q: Was treibt die ARGE heute an?

AW: Wir stehen jetzt nach 40 Jahren ARGE an neuen Herausforderungen. Neben der klassischen Ausgabe, den Schutzwald sicher zu halten, den Lebensraum vor Naturgefahren zu schützen, neben der Erhaltung der Biodiversität, der nachhaltigen Nutzung der Bergwälder, merken wir, dass immer mehr gesellschaftliche Ansprüche an den Schutzwald gestellt werden. Der vorrangigste, und das merken wir alle, grade in Zeiten wie diesen, wo mit Corona Aktivitäten einschränkt sind, ist, dass der Wald immer mehr in unseren Alpenregionen Freizeit und Sportstätte wird. Das führt zu großen Belastungen.

Grundsätzlich eine gute Sache, wenn die Menschen in den Wald gehen. Freiheit und Natur genießen. Aber es braucht Verantwortung dazu. Es braucht Rücksichtnahme auf andere Nutzungsinteressen, auf andere Einflussfaktoren, die nachteilig für den Wald sind. Man denkt an Beunruhigung von Wild oder auch die latente Lawinengefahr, wo durch unkundiges Verhalten auch andere in Gefahr gebracht werden können. Und da ist es uns einfach auch wichtig, dass wir mit dieser ARGE, mit dem Schutzwaldpreis, auch Öffentlichkeit erreichen und informieren. Und aufklären. Und die Natur und Freizeitnutzer auch zu Partnern machen. Indem sie Know-how bekommen, Information bekommen und teilhaben können an der Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung des Schutzwaldes.

Q: In den letzten 40 Jahren hat das Thema Klimawandel auch an Bedeutung gewonnen. Was ist der Zusammenhang zwischen Wald und Klima?

AW: Wir wissen, dass der Schutzwald jetzt auch mit dem Klimawandel unter besonderen Druck kommt, ein besonderer Stress ausgesetzt ist. Da sind auch Fehler aus der Vergangenheit zu korrigieren, wo wir vielleicht nicht immer jene Baumarten im Schutzwald haben, die diese Zukunftssicherheit braucht. Und deshalb ist also die Umwandlung unserer Schutzwälder in klimafitte Schutz- und Bergwälder ganz ein wichtiges Ziel.

Q: Was bedeutet hier „Klimafitter Wald“?

AW: Wir als Forstexperten und als Verantwortliche für den Schutzwald in den Alpen wissen, dass nur eine nachhaltige Pflege, eine rechtzeitige Pflege den Schutzwald jung haltet. Jung halten heißt, er braucht Verjüngung, er braucht junge Pflanzen, er braucht Strukturvielfalt. Es ist im Schutzwald niemandem gedient, wenn hier ein „Greisenhaus” entsteht, wo irgendwann einmal bei den zunehmenden Naturgefahren großflächig der Wald zusammenbricht und damit die Talschaften und die Lebens- und Wirtschaftsräume nicht mehr sicher sind.

Q: Welche Rolle spielt verantwortliche Bewirtschaftung bzw. CO2 Speicherung? 
AW:
Der bewirtschaftete Wald, wo man das Holz aus dem Bergwald nimmt, regional, vor Ort, ohne lange Transportwege, ist ein Gebot der Stunde. Auch wichtig, dass man das Holz in die dauerhafte Verwendung bringt. Damit speichert das in den Holz gebunkerte Kohlenstoff wird über Jahrhunderte gespeichert, indem Mobiliar gebaut wird, indem Häuser gebaut werden. Und zugleich zu diesem dauerhaften Speicher im Baustoff und Wertstoff Holz kann schon wieder die neue Waldgeneration wiederum CO2 aufnehmen und damit diesen Klimabeitrag wesentlich erhöhen. Das ist seitens der ARGE und über Ländervereine ganz die klare Zielsetzung, eine aktive Bewirtschaftung des Schutzwaldes aufrecht zu erhalten. Aus Gründen der Regionalist, der Wertschöpfung, des Schutz des Lebensraum, Schutz vor Naturgefahren, Erhaltung der Biodiversität, Erhaltung eines attraktiven Lebensraums, aber vor allem auch als bestmögliche, als bestmöglicher Beitrag für die Erreichung des Klimaziels durch maximale Speicherung von Kohlenstoff.

Andreas Wildauer, vielen herzlichen Dank!