Im Rahmen des Vorarlberg-Monats sprach die ARGE mit Walter Amann, Obmann des Vorarlberger Waldvereins, inmitten eines Schutzwaldes oberhalb der kleinen Gemeinde Schnifis.
ARGE: Erste Frage, Walter: wie würden Sie einen Schutzwald definieren?
Walter Amann: Schutzwälder sind Wälder, die sich einerseits selber schützen. Das heißt, sie sind notwendig, damit es direkt vor Ort keine Erosion gibt, also zu keinen Rutschungen und Vermurungen kommt. Andererseits sind Schutzwälder aber auch Wälder, die nicht nur den Standort selbst schützen, sondern auch Objekte, wie darunterliegende Straßen, Dörfer, Infrastrukturen und zum Beispiel auch Wasserquellen.
ARGE: Welche Rolle spielen Schutzwälder hier in Vorarlberg?
Walter Amann: Es wären in Vorarlberg zirka zwei Drittel der Landesfläche gar nicht bewohnbar, wenn wir diese Schutzwälder nicht hätten. Es ist daher immens wichtig, dass wir uns um die Gesundheit, Vitalität und Funktionskraft dieser Schutzwälder bemühen. Das ist auch deshalb wichtig, da wir westexponiert sind, das heisst einen sehr starken atlantischen Klimaeinfluss haben, der bei uns für hohe Niederschläge sorgt. Darum sind wir in einem hohen Maß abhängig von diesen Schutzwäldern.
ARGE: Wie hat sich die Beziehung der Menschen zum Wald in der Zeit der Pandemie verändert?
Walter Amann: Gerade in Zeiten der Pandemie erfahren wir, welch eine gute Wirkung der Wald auf den Menschen und seine Gesundheit hat. Wir bemühen uns, dass der Freizeitnutzer den Wald zu Erholungszwecken nutzen kann. Teilweise entstehen dadurch aber auch Probleme, zum Beispiel, dass Wildlebensräume gestört werden. Insgesamt hat der Wald in der Pandemie-Zeit viel an Bedeutung gewonnen.
ARGE: Sie sagen, ein Schutzwald schützt sich selbst, aber Sie und Ihr Team spielen auch eine aktive Rolle, nehme ich an?
Walter Amann: Ja, wir arbeiten nicht nur in diesen Wäldern, dass sie die Schutzwirksamkeit erhalten, sondern wir bemühen uns auch, dass der Grundbesitzer ein Holz daraus erwirtschaften kann. Andererseits filtert dieser Wald Wasser, er speichert Wasser und sorgt dafür, dass wir gerade hier an diesem Standort – oberhalb einer der größten Trinkwasserquellen Vorarlbergs, der Montjola Quelle – auch einen immensen Nutzen für die Trinkwasserfunktion in Vorarlberg haben.
ARGE: Was sind einige der Herausforderungen, denen Sie gegenüberstehen?
Walter Amann: Wir sehen hier eine Fläche, die in den letzten Jahren durch Windwurf und Käfer stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Es geht um Erosionsschutz, dass Felsen und Steine zusammengehalten werden und dass das Abrutschen von Lawinen verhindert wird. Die letzten Jahre sind wir, wie man auch hier deutlich sieht, durch die Extremereignisse stark geprüft worden.
ARGE: In diesem Fall spielt der Klimawandel auch in Vorarlberg eine zunehmende Rolle?
Walter Amann: Es haben sich mehrere Stürme und Starkniederschläge ereignet. Gleichzeitig haben sich durch die längere Vegetationszeit und höheren Temperaturen auch die Borkenkäfer sehr gut entwickelt, denn die Vermehrung der Borkenkäfer ist temperaturabhängig. Das bedeutet, wenn das Wetter warm ist kann sich der Käfer vom Ei bis zum fertigen Käfer rascher entwickeln. Wenn in einer Saison statt zwei drei Generationen entstehen, dann wirkt sich das exponential auf die Gesamtanzahl aus. Bei drei oder vielleicht sogar vier Generationen werden um das x-fache mehr Käfer produziert, die natürlich irgendwo fressen wollen und dann unsere Wälder entsprechend belasten. Die Wälder haben extremen Schaden gelitten. Das beschäftigt uns ordentlich und machen uns Sorgen.
Der Klimawandel fordert von uns Waldbauern und Waldbesitzern, dass wir artenreiche Wälder schaffen. Wir wissen nicht genau, was uns in 30, 40, 50 oder 100 Jahren erwartet und deshalb ist es notwendig, dass wir auf ein breites Portfolio setzen. Das heißt, dass wir viele verschiedene Baumarten pflanzen und quasi “ausprobieren”.
Walter Amann, Danke!
komplettes Interview mit Walter Amann: