Vom Schutzwald … zum Schutzwald!

Einreichende Organisation: Forsttechnischer Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung Kärnten
Einrreichungsjahr: 2022
Land: Österreich
Kategorie: Erfolgsprojekte

Ausgangssituation:
Die Schutzwälder des Lesachtales erfüllten über lange Jahre ihren Dienst an der Bevölkerung und schützten diese vor Lawinen, Steinschläge und Muren. Vom 28. Oktober bis 1. November 2018 zog das Sturmtief „Vaia“ vom westlichen Mittelmeer Richtung Norden und führte zu orkanartigen Stürmen entlang des südlichen Alpenrandes. In Kärnten waren vor allem die Regionen Lesachtal und oberes Gailtal, unteres Gailtal und der Raum Faakersee sowie die Karawanken im Bereich Ferlach und Eisenkappel betroffen. Es kam zu großen Schäden am Wald. Durch den Sturm wurden entlang des gesamten Lesachtales großflächig Bäume entwurzelt und geworfen, wobei es sich zum Großteil um Schutzwälder insbesondere um Objektschutzwälder handelte.

Durch die großflächigen Windwürfe im Schutzwald entlang des Lesachtales stieg die Gefährdung des Siedlungsraumes sowie der einzigen Zufahrtsstraße durch das Lesachtal (B111) durch Lawinenabgänge, Schneerutsche und Steinschläge aus den neu entstandenen Kahlflächen dramatisch an, was sich in den 2 aufeinander folgenden Wintern 2019/20 und 2020/21 mit großen Schneemengen bestätigte.

Mit der Erstellung eines Flächenwirtschaftlichen Projektes (Lesachtal 2019) durch den Forsttechnischen Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung wurde rasch auf die neue Gefährdungssituation im Lesachtal reagiert und umfasst das Projekt neben erforderlichen technischen Maßnahmen auch flächenwirtschaftliche Maßnahmen wie Schadholzbeseitigung, Wiederaufforstung, Kulturpflege und Kulturschutzmaßnahmen in den Objektschutzwäldern des gesamten Lesachtals. Die Interessenten des Projektes sind die beiden Gemeinden Lesachtal und Kötschach-Mauthen sowie die Landesstraßenverwaltung. Fördergeber sind die Republik Österreich und das Land Kärnten.

Projektziel und Genereller Maßnahmenumfang:
Das Ziel des Projektes ist es, langfristig wieder einen funktionierenden Objektschutzwald oberhalb der Ortschaften des Lesachtales und der „Lebensader B111“ zu erhalten. Kurzfristig ist jedoch die Erreichung eines wirksamen Schutzes vor Lawinen und Steinschlägen nur mittels technischer Maßnahmen möglich und stellen diese die Grundlage für den Erfolg der Wiederbewaldung dar.
Das Projekt umfasst folgende technische Maßnahmen:
• Errichtung von ca. 7.500 lfm Stahlschneebrücken
• Errichtung von 5.500 Stk. Gleitschneeböcke
• Errichtung von 1.600 lfm Steinschlagschutznetze
• Sanierung von bestehenden, beschädigten Lawinenschutzbauwerken
Folgende forstlichen Maßnahmen sind geplant:
• Ca. 90 ha Wiederbewaldungsmaßnahmen (Aufforstung, Kulturschutz und –pflege)
• für ca. 20.000 fm Förderung von Seilbringungen für Waldbesitzer
• Dickungspflege und Durchforstung von Stangenhölzern in den Schadflächen
Begleitend sind folgende Maßnahmen vorgesehen:
• Räumung von Wurzeltellern
• Räumung von Bachläufen mittels Schreitbagger
• Errichtung von Wildschutzzäunen, Wildmonitoring
• Errichtung und Sanierung von Forststraßen (Baustellenzufahrten)
• Jagdliche Vereinbarung mit den Jagdausübungsberechtigten
Der Ausführungszeitraum ist von 2019 – 2034 festgelegt. Die Umsetzung erfolgt in Detailprojekten, wobei das 1. Detailprojekt über € 6,9 MIO im Jahr 2022 abgeschlossen wurde und ein weiteres 2. Detailprojekt, ebenfalls über € 6,9 MIO genehmigt wurde und bis 2025 abgeschlossen werden soll.
Durchführung im Rahmen des 1. Detailprojektes
Im Detailprojekt 1 wurden die folgenden technischen Maßnahmen umgesetzt:
• Errichtung von 1250 lfm Stahlschneebrücken
• Errichtung von 440 Stück Gleitschneeböcke
• Errichtung von 880 lfm Steinschlagschutznetze
Folgende forstliche Maßnahmen wurden umgesetzt:
• Rund 19.200 fm Förderung von Seilbringung für Waldbesitzer
• 15 ha Aufforstung durch die Wildbach- und Lawinenverbauung
• 5 ha Förderung von Aufforstung für Waldbesitzer
• Kulturschutz und Kulturpflegemaßnahmen über 3 Jahre
Begleitend wurden folgende Maßnahmen umgesetzt:
• Errichtung von 3.650 lfm Forststraße (Baustellenzufahrt)
• Sanierung von 2.100 lfm Forststraßen (Baustellenzufahrt)
• Errichtung von 3 Kontrollzäunen
• Räumung des Fischer- und Ainettergrabens von Wurzelstöcken

Aufforstungsmaßnahmen:
Ein wichtiges Ziel des Projekts ist es, einen ungleichaltrigen Mischwald als Schutzwald zu erreichen. Dabei wurde bei der Auswahl der Baumarten auf ein ausgewogenes Mischverhältnis aus Fichte, Tanne, Lärche und Bergahorn geachtet. Bei extrem steilen Standortsverhältnissen wurde versucht in Rotten aufzuforsten. Dabei werden lokal günstige Standorte mit guter Humusauflage, möglichst geschützt unter Wurzelstöcken, ausgewählt und die Rotten nach Baumarten getrennt mit je 25 Stück gepflanzt. Auf den Aufforstungsflächen wurden und werden je nach Erfordernis Kulturschutz und Kulturpflegemaßnahmen durchgeführt.
Eine wichtige begleitende Maßnahme zur Erreichung der forstlichen Ziele ist das Verhindern von Wild-verbiss in den Aufforstungsflächen. Die Grundeigentümer wurden daher verpflichtet, jährlich bis 15. Okto¬ber Verbissschutzmaßnahmen durchzuführen. Darüber hinaus werden auch die zuständigen Jagdausübungsberechtigten ins Projektgeschehen mit eingebunden. Es wurde ein Kameranetz mit 15 Wildbeobachtungskameras im Bereich der Aufforstungsflächen installiert, welches laufend Bilder per Mobilfunknetz an die Jäger überträgt. Dies sollte zur raschen Erkennung von erhöhten Wilddichten dienen und ein schnelles Eingreifen ermöglichen. Um den Aufforstungserfolg messen zu können, wurden darüber hinaus Zaunflächen angelegt. Diese „Weiserflächen“ werden in regelmäßig Abständen vom Institut für Waldbau der BOKU Wien erhoben und ausgewertet.
Kommunikation und Ausblick
Neben der Kombination aus technischen und forstbiologischen Maßnahmen ist darüber hinaus eine gute und kontinuierliche Kommunikation unter allen Beteiligten (Gemeinden, Wildbach und Lawinenverbauung, Grundeigentümer, Behörden und Jagdgesellschaften) unerlässlich.
Das übergeordnete Ziel der Erreichung eines soliden Objektschutzwaldes oberhalb der Ortschaften und der Landesstraße des Lesachtales wird durch die im Jahr 2022 massiv ausgebrochene Borkenkäferkalamität in den durch den Sturm verschonten Waldbeständen zusätzlich erschwert. Aber auch diese Problemstellung wird bewältigt werden und wird der Weg „vom Schutzwald zum Schutzwald“ gelingen.