Testpflanzungen zukunftsfähiger Baumarten in den Schweizer Graubünden

Kantonale Forstdienste, Forstbetriebe, Baumschulen und Forschende der WSL schaffen in den Jahren 2020 bis 2022 ein Netzwerk von 57 Testpflanzungen zukunftsfähiger Baumarten in der ganzen Schweiz. Insgesamt über 55’000 Bäumchen sollen über mehrere Jahrzehnte beobachtet werden und Informationen zur Eignung der Baumarten im Klimawandel liefern. So entsteht eine einzigartige Infrastruktur für Forschung und Praxis.

Hintergrund

Es wird wärmer und im Sommer trockener. Dies hat Auswirkungen auf die klimatische Eignung der Baumarten auf ihren heutigen Wuchsorten und damit auf zukünftige Waldleistungen. Auf vielen Waldstandorten werden unter den klimatischen Bedingungen, welche gegen Ende des 21. Jahrhunderts erwartet werden, andere Baumarten besser wachsen als diejenigen, welche heute dort gedeihen. Während ein Teil der zukunftsfähigen Baumarten bereits dort vorkommt, wo ihnen das Klima in Zukunft wahrscheinlich zusagt, fehlen andere ganz.

In diesem Kontext stellt sich in der Forstpraxis die wichtige Frage: Welche der Baumarten, die gegen Ende des 21. Jahrhunderts auf einem Standort als geeignet gelten, können dort bereits heute gedeihen?

Zur Untersuchung dieser Frage wurde das Projekt «Testpflanzungen zukunftsfähiger Baumarten» gestartet. Im Rahmen dieses Projektes entsteht seit Herbst 2020 ein Netzwerk von 57 koordinierten Testpflanzungen in der ganzen Schweiz (Abbildung rechts). An über 55’000 Bäumchen wird über 30 bis 50 Jahre untersucht, wie sich Baumarten und Samenherkünfte in unterschiedlichen Umweltbedingungen bewähren. Dies dient Grundlage für standortsspezifische Baumartenempfehlungen. Die wissenschaftliche Fragestellung lautet, welche Umweltfaktoren das Überleben, die Vitalität und das Wachstum der untersuchten Baumarten und Provenienzen (Synonym: Herkünfte) entlang von grossen Umweltgradienten bestimmen.

Versuchsdesign

Alle Testpflanzungen weisen ein konsistentes Versuchsdesign auf, das aussagekräftige statistische Auswertungen erlaubt. Das Versuchsdesign beinhaltet sowohl die Verteilung der Baumarten auf die Testpflanzungen als auch die Anordnung der Pflanzen innerhalb jeder einzelnen Testpflanzung.

Die benötigte Flächengrösse für die einzelne Testpflanzung ergibt sich aus der Anzahl der zu testenden Baumarten und der Höhe des angrenzenden Bestandes, welche die Breite des nötigen Randstreifens beeinflusst.

Zur Erfassung des lokalen Klimas wird auf jeder Versuchsfläche eine automatisierte Klimastation betrieben. Dabei wird auch die Bodenfeuchtigkeit gemessen.

Baumarten

Die in Testpflanzungen im fixen Design zu testenden Baumarten wurden in einem mehrstufigen Prozess unter Einbezug der Einschätzungen von Kantonsvertretern und weiterer ExpertInnen ausgewählt. Mit den 18 im Versuch berücksichtigten Baumarten werden viele derjenigen Baumarten, die in den Schweizer Wäldern im Klimawandel als potenziell zukunftsfähig gelten, in den geplanten Testpflanzungen vertreten sein. Für die Baumarten des Kernsets sind belastbare Aussagen und Vergleiche über breite Umweltgradienten möglich, wogegen für die Baumarten des Ergänzungssets, die auf einer kleinere Anzahl Testpflanzungen gepflanzt werden, die Aussagekraft geringer ist.

Kernset (9 Arten)Ergänzungsset (9 Arten)
Abies alba (Weisstanne)
Acer pseudoplatanus (Bergahorn)
Fagus sylvatica (Buche)
Larix decidua (Lärche)
Picea abies (Fichte)
Pinus sylvestris (Föhre)
Pseudotsuga menziesii (Douglasie)
Quercus petraea (Traubeneiche)
Tilia cordata (Winterlinde)
Acer opalus (Schneeballblättriger Ahorn)
Acer platanoides (Spitzahorn)
Cedrus atlantica (Atlaszeder)
Corylus colurna (Baumhasel)
Juglans regia (Nussbaum)
Prunus avium (Kirschbaum)
Quercus cerris (Zerreiche)
Quercus robur (Stieleiche)
Sorbus torminalis (Elsbeere)

Herkünfte

Im gesamten Versuch werden für jede Baumart 7 Provenienzen getestet (bei wenigen Baumarten gelang es nicht, so viele Provenienzen zu beschaffen). Damit die Versuchsfläche jedoch deswegen nicht zu gross wird, werden pro Testpflanzung jeweils nicht alle 7, sondern nur 4 Provenienzen jeder Baumart getestet. Während eine Provenienz als Referenz-Provenienz in allen Testpflanzungen getestet wird, in denen die Baumart vorkommt, werden jeder Testpflanzung 3 der restlichen 6 Provenienzen zufällig zugeteilt. Jede dieser 6 Provenienzen kommt somit in der Hälfte der Testpflanzungen vor. Dieser Kompromiss ermöglicht, die herkunftsbedingte Variabilität innerhalb der Baumart relativ breit abzudecken, ohne den Flächenbedarf pro Testpflanzung zu vergrössern.

Ausblick

Die Planung sieht vor, bis Frühjahr 2023 alle Versuchsflächen zu bepflanzen. Nachpflanzungen finden bei grösseren Ausfällen nach Bedarf über den Zeitraum von zwei Jahren statt. Die Forstbetriebe bepflanzen die Flächen selbst, das WSL-Team begleitet die Pflanzungen und verteilt die Pflanzen auf die markierten Pflanzstellen. Die Kulturpflege ist ebenfalls Sache der Betriebe, sie halten sich dabei an die Vorgaben der Kulturpflegeanleitung. Im Sommer 2021 wurde erstmals der Zustand der gepflanzten Bäume (auf den bereits bepflanzten Flächen) erfasst. Diese Inventuren sollen in den ersten Jahren alljährlich, später in Abständen von mehreren Jahren durchgeführt werden.

Quelle: WSL (Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft)